Brustkrebs im Frühstadium - und jetzt?

In Deutschland erhalten über 70.000 Frauen pro Jahr die Diagnose Brustkrebs.

Während jüngere Frauen nur selten betroffen sind, steigt das Risiko ab dem 40. und besonders ab dem 50. Lebensjahr an. Im Durchschnitt erkranken Frauen mit etwa 64 Jahren. Jede vierte Betroffene ist bei der Diagnose jünger als 55 Jahre und jede Zehnte jünger als 45 Jahre.

Die Diagnose Brustkrebs löst zunächst Ängste und Sorgen aus - verständlich, denn von einem auf den anderen Tag wird alles auf den Kopf gestellt. Wie geht es jetzt weiter? Die gute Nachricht ist: Brustkrebs ist heutzutage aufgrund der Früherkennung in vielen Fällen heilbar. Mediziner verstehen die Mechanismen der Krebsentstehung immer besser und können betroffene Frauen zunehmend effektiver behandeln. Vor allem bei erstmals aufgetretenem, lokal begrenztem Brustkrebs im Frühstadium ist die Erkrankung in vielen Fällen erfolgreich zu behandeln und die Chance, ein Wiederauftreten des Tumors zu vermeiden, groß.

Welche Therapie genau zum Einsatz kommt, entscheidet der behandelnde Arzt basierend auf verschiedenen Faktoren, wie z. B. der Größe des Tumors und der Ausbreitung der Krebserkrankung oder den Besonderheiten der Tumorzellen. Brustkrebs ist so individuell wie die Frau, die ihn hat. Mithilfe biologischer Tumormarker („Biomarker“) lässt sich zum einen erkennen, wie aggressiv ein Tumor ist und wie die Prognose lautet („prognostische Marker“). Zum anderen können Mediziner daraus ableiten, mit welcher Therapie sie den Tumor am besten bekämpfen können („prädiktive Marker“). Viele dieser Marker konnten Wissenschaftler schon entschlüsseln und es kommen immer weitere hinzu. Mediziner unterteilen Brustkrebs je nach Art des Entstehungsmechanismus in eine ganze Reihe von Subtypen – man spricht hierbei auch von der Tumorbiologie. Relevante Tumormarker sind:

Hormonrezeptorstatus (HR)

Ein wichtiger Parameter für die Einteilung in verschiedene Subtypen ist der sogenannte Hormonrezeptorstatus. Dieser gibt Auskunft darüber, ob der Tumor auf Hormone wie Östrogen und Progesteron anspricht, sein Wachstum also durch die Hormone gefördert wird. Verfügen Krebszellen über eine hohe Anzahl von Bindungsstellen für Hormone, sogenannte Hormonrezeptoren (kurz: HR), so docken die Hormone an diese Rezeptoren an und lösen damit die Weiterleitung von Wachstumssignalen aus. In diesem Fall wächst der Tumor hormonabhängig, der Hormonrezeptorstatus ist positiv (HR+). Dies ist bei etwa zwei Drittel aller Brustkrebsarten der Fall. Des Weiteren lässt sich ermitteln, auf welche Hormone der Tumor reagiert, auf Östrogen (Östrogenrezeptor-positiv = ER+) und/oder auf Progesteron (Progesteronrezeptor-positiv = PgR+).

Ist die Konzentration der Hormonrezeptoren hingegen gering, so spricht man von einem negativen Hormonrezeptorstatus (HR-). Wenn ein Tumor hormonabhängig wächst, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass sich sein Wachstum durch eine antihormonelle Therapie verlangsamen oder stoppen lässt.

HER2-Rezeptorstatus

Ein weiterer Parameter ist das vermehrte Vorhandensein sogenannter HER2-Rezeptoren auf den Tumorzellen, der HER2-Rezeptorstatus (HER2 aus dem Englischen: Humaner Epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor 2). HER2-Rezeptoren können die Zelle zur Teilung anregen und vermitteln Signale, die das Überleben der (Tumor-)zellen begünstigen können. Eine normale Zelle besitzt nur eine relativ geringe Menge an HER2-Rezeptoren. Man spricht dann von HER2-negativen Zellen. Bei ca. 15 bis 20 Prozent aller Brusttumore ist jedoch die Anzahl der HER2-Rezeptoren auf der Zelloberfläche stark erhöht, in diesem Fall spricht man von HER2-positiven Tumorzellen bzw. Tumoren. Durch die Vielzahl an HER2-Rezeptoren wird die Teilungsrate der Zellen überdurchschnittlich aktiviert, was wiederum zu vermehrtem Tumorwachstum führt. Daher wird bei HER2-positiven Tumoren eine zielgerichtete Therapie eingesetzt, die die Aktivität des HER2-Rezeptors blockiert.

Proliferationsmarker Ki-67

Mit weiteren molekularbiologischen Tests lassen sich zusätzliche Informationen erhalten, um die Therapie optimal zusammenzustellen. Der Proliferationsmarker Ki-67 zum Beispiel gibt einen Hinweis auf die Wachstumsgeschwindigkeit von Tumorzellen.

Moderne Therapieansätze erhöhen Heilungschancen bei Brustkrebs im Frühstadium

Je nach Art des Tumors, seiner Größe und Ausbreitung sowie seinem Subtyp stehen unterschiedliche Therapien zur Verfügung. So lässt sich der Tumor unter bestimmten Umständen operieren, bestrahlen und/oder mit Medikamenten behandeln. Medikamentöse Therapien umfassen dabei neben der klassischen Chemotherapie auch moderne, zielgerichtete Therapien, die abhängig von der Tumorbiologie zum Einsatz kommen können. Zielgerichtete medikamentöse Therapien können bestimmte, für die Tumorzellen charakteristische Strukturen auf der Zelloberfläche oder im Zellinneren angreifen und damit die Aktivierung der Zellteilung und das Tumorwachstum verhindern. Bei HR+ Brustkrebs kommt außerdem die antihormonelle Therapie zum Einsatz. Oft werden verschiedene Behandlungsansätze kombiniert.

Der frühe Brustkrebs ist häufig lokal begrenzt und lässt sich durch eine Operation entfernen. Um das Risiko für ein Wiederauftreten der Krebserkrankung zur vermindern, wird in den meisten Fällen zusätzlich eine medikamentöse Therapie eingesetzt. Diese Therapie erfolgt vorbeugend, um möglicherweise vorhandene kleinste Tumorabsiedlungen zu zerstören.

Neoadjuvante Therapie

Bei der neoadjuvanten Therapie wird eine medikamentöse Therapie vor der Operation eingesetzt. Dadurch kann man das Ansprechen des Tumors auf die Therapie, z.B. Chemotherapie, gegebenenfalls in Kombination mit zielgerichteter Therapie, besser einschätzen. Ein weiterer Grund ist die Verkleinerung des Tumors zur Verbesserung der Operabilität.

Adjuvante Therapie

Falls keine neoadjuvante Chemotherapie verabreicht wurde, folgt der primären Operation in den meisten Fällen eine Chemotherapie ("adjuvante Therapie"). Bei Frauen mit HER2-positivem Tumor wird zusätzlich zur adjuvanten Chemotherapie eine zielgerichtete Therapie gegeben. Ist bei Frauen mit HER2-positivem Tumor bereits eine neoadjuvante Chemotherapie in Kombination mit zielgerichteter Therapie erfolgt, so wird die zielgerichtete Therapie nach der Operation über einen gewissen Zeitraum fortgeführt. Bei Frauen mit einem HR-positiven Tumor ist häufig zusätzlich begleitend eine antihormonelle Therapie indiziert. Alle Therapieformen haben das Ziel, das Wachstum von Tumorzellen zu hemmen und sie zu zerstören, sodass ein Rückfall (Rezidiv) vermieden werden kann.

Erweiterte adjuvante Therapie

Für bestimmte Patienten kann es sinnvoll sein, die Behandlung über die neoadjuvante und adjuvante Therapie hinaus weiterzuführen. Bei HR-positivem Brustkrebs wird eine antihormonelle Therapie für einen Zeitraum von mehreren Jahren empfohlen. Handelt es sich um HR-positiven und HER2-positiven Brustkrebs kann außerdem eine erweiterte adjuvante zielgerichtete Therapie erfolgen, um das Rückfallrisiko weiter zu reduzieren.

Die Entscheidung über die für Sie bestmögliche Therapie liegt bei Ihrem Arzt. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, wenn Sie Fragen zur Therapie haben.