Ob eine chirurgische, strahlentherapeutische und/oder medikamentöse Intervention (Chemotherapie, Immuntherapie etc.) zur Behandlung des Urothelkarzinoms notwendig ist, hängt vom Stadium der Erkrankung sowie von den Patientencharakteristiken ab.
BEHANDLUNG DES NICHT-INVASIVEN UROTHELKARZINOMS
Unter einem "nicht-invasiven Urothelkarzinom" versteht man einen oberflächlichen Tumor, der noch nicht in die Muskelschicht eingewachsen ist.
Die Zielsetzung der Behandlung ist die Heilung: Die Entfernung lokaler Tumoren und die Verhinderung des Einwachsens des Tumors in die Muskulatur sowie des Wiederauftretens des Tumors (Rezidiv).
1. Transurethrale Resektion
Bei der transurethralen Resektion (TUR) wird der Tumor endoskopisch (z.B. im Rahmen einer Blasenspiegelung) operativ entfernt.
Die transurethrale Resektion ist die Standardtherapie bei nicht-invasivem Urothelkarzinom der Harnblase. Diese Operation wird unter lokaler oder regionaler Narkose oder unter Vollnarkose durchgeführt. Die Tumorentfernung (Resektion) muss tief unter Einbeziehung der Muskelschicht durchgeführt werden.
Unter bestimmten Umständen ist eine weitere endoskopische Nachsorge erforderlich.
2. Endovesikale Instillationen
Bei der endovesikalen Instillation werden Medikamente über die Harnröhre in die Harnblase eingebracht.
Es existieren zwei unterschiedliche endovesikale Instillationstherapien:
- Chemotherapie mit folgenden Medikamenten: Mitomycin C, Epirubicin, Doxorubicin
- Immuntherapie mit dem Medikament BCG (Bacillus Calmette-Guerin)
Diese Behandlungen folgen in Abhängigkeit von der Risikoeinschätzung bezüglich des Tumors auf die transurethrale Resektion.
Das Ziel der endovesikalen Instillation ist die Verbesserung des rezidivfreien Überlebens.
BEHANDLUNG DES INVASIVEN UROTHELKARZINOMS
Unter einem "invasiven Urothelkarzinom" versteht man einen Tumor, der in die Muskelschicht eingewachsen ist.
Zielsetzung der Behandlung ist die Heilung des Patienten.
1. Radikale Zystektomie
Bei der radikalen Zystektomie erfolgt die operative Entfernung der Harnblase. Zudem werden entfernt: Die Prostata und die Samenbläschen beim Mann; die Gebärmutter, die Eierstöcke und die Eileiter bei der Frau. Darüber hinaus erfolgt zusätzlich eine Entfernung von Lymphknoten.
Eine Urethrektomie ((Teil-)Entfernung der Harnröhre) wird durchgeführt, wenn der Tumor folgende Organe infiltriert: Die Harnröhre im Bereich der Prostata beim Mann; den Harnblasenhals bei der Frau.
Nach einer radikalen Zystektomie muss eine neue Möglichkeit für die Urinausscheidung geschaffen werden.
Es besteht die Möglichkeit der Externen Harnableitung über die Haut oder der Internen Ableitung oder des Harnblasenersatzes unter Verwendung einer aus Dünndarm geformten Neo-Blase.
2. Blasenerhaltende Techniken
Blasenerhaltende Techniken sind erfahrenen Therapiezentren vorbehalten und erfordern eine strenge Indikationsstellung. In Abhängigkeit von der Tumorausdehnung, der Lage des Tumors sowie von den Patienteneigenschaften kann ggf. eine kombinierte Strahlen-Chemotherapie oder eine teilweise Entfernung der Harnblase (partielle Zystektomie) erfolgen.
3. Neoadjuvante Chemotherapie
Die neoadjuvante Chemotherapie wird vor der Operation durchgeführt. Sie kann bei operablen Patienten mit einem die Muskelschicht infiltrierenden T2 bis T4-Tumor erfolgen.
Die Ziele der neoadjuvanten Chemotherapie sind:
- Behandlung von Mikrometastasen
- Überprüfung des Ansprechens auf die Chemotherapie
- Verlängerung des Überlebens
Üblicherweise werden Cisplatin-haltige Therapieschemata (M-VAC/CMV) eingesetzt.
4. Adjuvante Chemotherapie
Die adjuvante Behandlung wird nach einer lokalen Therapie (z.B. nach einer Operation) durchgeführt.
Für die adjuvante Chemotherapie wurde bislang noch kein eindeutiger Vorteil nachgewiesen.
BEHANDLUNG DES FORTGESCHRITTENEN/METASTASIERENDEN UROTHELKARZINOMS
Die Zielsetzung der Behandlung des metastasierenden Urothelkarzinoms ist die Verlängerung des Überlebens sowie die Verbesserung der Tumorsymptomatik und der Lebensqualität.
1. Erst-Linien-Behandlung
Das Urothelkarzinom ist ein chemosensitiver Tumor. Es existiert eine Therapieempfehlung für die Erst-Linien-Behandlung.
Wenn möglich sollte in der ersten Behandlungslinie eine Cisplatin-haltige Kombinationschemotherapie (M-VAC/GC) erfolgen, außer bei Patienten die einen schlechten Allgemeinzustand und ggf. zusätzlich andere negative Prognosefaktoren aufweisen. In diesen Fällen erfolgt ggf. eine Monotherapie oder eine einfache palliative Behandlung.
2. Zweit-Linien-Behandlung
Bis 2009 existierte keine zugelassene Behandlungsoption und kein etablierter Therapiestandard für Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasierendem Urothelkarzinom nach einer Platin-haltigen Therapie. Ärzte waren mit dem Fehlen therapeutischer Optionen unzufrieden. Es wurden häufig die Erst-Linien-Therapien wiederholt, insbesondere wenn das Rezidiv mehr als 12 Monate nach der Erst-Linien-Behandlung eintrat.
Wesentliche Anforderungen an die Zweit-Linien-Behandlung sind – neben der Wirksamkeit der Therapie – eine gute Verträglichkeit und die Erhaltung einer guten Lebensqualität.
Seit September 2009 ist ein neues chemotherapeutisches Medikament (Mikrotubuli-Hemmer) in der Zweit-Linien-Therapie beim fortgeschrittenen oder metastasierenden Urothelkarzinom nach Versagen einer Cisplatin-haltigen Therapie zugelassen.